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Biokraftstoffe der 2. Generation

12 August, 2008

Nur Biokraftstoffe der 2. Generation sind sinnvoll


Wenn sich die Politik in die Technik einmischt, wird nicht nur der Markt ausgehebelt, auch die Technik wird auf falsche Wege gezwungen. Die "Biokraftstoffe" der 1. Generation wie Ethanol und RME (Rapsölmethylester) sind dafür typisch. Dabei gibt es längst bessere Lösungen wie das BTL von Choren.

Politiker wollen stets schnelle Erfolge sehen, um sich möglichst noch während ihrer Amtszeit Denkmäler zu setzen. Beim E10, der Zumischung von 10 Prozent Ethanol (Alkohol) zum Benzin ging das schief, weil an Millionen älterer Autos Schäden zu erwarten waren. Aber auch RME ist alles andere als ein Fortschritt. Es darf in Dieselmotoren mit Partikelfilter nicht gefahren werden, weil es die Schmierfähigkeit des Motorenöls verschlechtert und die (geschlossenen) Partikelfilter vorzeitig zusetzen kann. Zudem führt es zu höherem Verbrauch von etwa 10 Prozent und höheren Stickoxidemissionen. Ist das etwa "ökologisch sinnvoll"? Oder "nachhaltig"? Beide Begriffe sollte man ohnehin aus seinem Sprachschatz streichen – oder zu Unworten erklären.

Als der promovierte Ingenieur Bodo Wolf sich im Januar 1990 selbständig machte und das Unternehmen Choren gründete, brachte er ein Leben voll Erfahrung aus Energie- und Verfahrenstechnik mit. Er entwickelte in den Folgejahren ein Verfahren, um aus allen organischen Stoffen mit höchstmöglichem Wirkungsgrad Synthesegas herzustellen, das entweder direkt zum Antrieb von Verbrennungsmotoren dienen oder durch die Fischer-Tropsch-Synthese in flüssige Kraftstoffe veredelt werden konnte. Das Verfahren wurde 1994 weltweit patentiert und ab 1997 in einer kleinen Versuchsanlage erprobt. Hier wurde von Tiermehl über Hausabfälle, Rückstände aus der Nahrungsmittelproduktion, Holz und Braunkohle alles auf seine Tauglichkeit untersucht. Das Verfahren erwies sich als außerordentlich flexibel – und interessierte sowohl Mercedes-Benz wie VW ungemein. Denn damit konnte ein qualitativ hochwertiger Dieselkraftstoff ohne hochsiedende Aromaten und ohne Schwefel hergestellt werden.

In den Folgejahren entwickelten die beiden Automobilhersteller zusammen mit Choren und Shell eine Kraftstoffspezifikation, die zu etwa 10 Prozent Verbrauchseinsparung und erheblicher Absenkung der Schadstoffe bei den Dieselmotoren führte. Der Sunfuel oder Sundiesel genannte BTL (Biomass to Liquid) hat identische Eigenschaften wie das von Shell seit 1993 produzierte GTL (Gas to Liquid) aus Erdgas.

Hier wurde ein Weg aufgezeichnet, um aus heimischen Grundstoffen einen hochwertigen Dieselkraftstoff herzustellen und damit allmählich die Abhängigkeit von Erdölimporten zu reduzieren. Wie wichtig den beteiligten Firmen das Verfahren ist zeigte sich daran, dass sich zunächst die Shell, anschließend Mercedes und VW an Choren beteiligten. Aber das fand ja weitab von Berlin im sächsischen Freiberg statt, so dass die Politiker nicht zur Kenntnis nahmen, was dort heran wuchs.

Nur nebenbei soll erwähnt werden, dass der Audi- Rennwagen mit dem V12 TDI das diesjährige 24-Stunden-Rnen von Le Mans mit BTL von Choren gewonnen hat. Der Kraftstoff wurde noch in der kleinen Versuchsanlage produziert, weil die nächst größere Anlage für 15 000 Jahrestonnen, die Beta- Anlage, noch nicht fertig war. Die hatte Choren auf dem eigenen Betriebsgelände in den vergangenen Jahren errichtet und in diesem Frühjahr eingeweiht. Sie wird vermutlich zum Jahresende mit der BTL-Produktion beginnen.

Aber die 15 000 Jahrestonnen sind weniger als ein Tropfen auf dem heißen Stein. darum haben die Choren-Verantwortlichen längst größere Anlagen geplant und inzwischen fünf Standorte ausfindig gemacht. Die erste Anlage für 200 000 Jahrestonnenwird in Schwedt an der Oder nordöstlich von Berlin entstehen, eine weitere in Lubmin bei Greifswald.

Als unsere großartigen Politiker zu begreifen begannen, dass es mit schnell mal eben von Erdöl- auf (minderwertige) Biokraftstoffe umschalten nichts wird, stürzten sie sich wie ein Mann auf Choren, die nun die Welt retten soll. Die Bundeskanzlerin eilte zur Einweihung der Beta- Anlage nach Freiberg und der Umweltminister führt seither Choren im Munde. Aber wenn sich die Damen und Herren nicht endlich dazu bequemen, bürokratische Hürden für den Bau von Choren- Anlagen zu beseitigen, wird es noch viele Jahre dauern, bis das Verfahren die Erdölimporte merklich reduzieren kann.

Wenn man einen Kraftstoff dauerhaft verbessern will, kommt man ohne großtechnische Anlagen nicht aus. Eben mal eine Pampe in der Badewanne anrühren geht schief. Wenigstens diese Lektion scheint die Politik jetzt begriffen zu haben. Das gilt auch für "Bio"- Zusätze zum Benzin. So will die BP dem Benzin kein Ethanol zusetzen, sondern daraus Butanol entwickeln, einen höherwertigen Alkohol, mit dem der Verbrauch nicht derartig dramatisch steigt wie bei Ethanol. Nach Volvo erhöht E85 den Verbrauch gegenüber Benzin um 30 bis 40 Prozent. Damit wird man die Welt bestimmt nicht vor dem Verglühen retten, abgesehen vom Eingriff in die Nahrungsmittelproduktion. Hier plädiert BP ebenso wie Mercedes für Jathropa, das eine eigene Geschichte verdient.

Um aus Feststoffen der unterschiedlichsten Art ein Synthesegas (CO) zu gewinnen, müssen sie vergast werden. Einstufige Vergasung war seit Winkler vor 80 Jahren bekannt. Bodo Wolf führte die zweistufige Vergasung ein. Die erste Stufe arbeitet mit etwa 550°C und verwandelt die organische Masse in ein Gasgemisch sowie in verkohlte Rückstände. Das Gas gelangt über Rohrleitungen zur zweiten Stufe und von oben in den Reaktor. Hier wird es unter Zugabe von Sauerstoff bei Temperaturen zwischen 1500 und 1700°C aufgespalten. Die Kohle wird gemahlen, in das heiße Gas geblasen und gibt hier ihren Kohlenstoff ab. Übrig bleibt ein glasiges Granulat, das zum Straßenbau verwendet werden kann. Es ist das, was an anorganischen Substanzen in der zu vergasenden Masse enthalten war.

Das entstandene Synthesegas, das weder Schwefel noch hochsiedende Aromaten (Teer!) enthält, wird entstaubt und gewaschen, um anschließend unter Beigabe von Wasserstoff in der Fischer-Tropsch-Synthese über Katalysatoren in eine Flüssigkeit auf paraffinischer Basis veredelt zu werden. Neben Dieselkraftstoff entsteht etwas Benzin und etwas Paraffin, für beides gibt es einen guten Markt. Das Verfahren erreicht einen energetischen Wirkungsgrad von etwa 55 Prozent, der bei anderen Verfahren um mindestens 10 Prozent niedriger liegt – wenn sie denn überhaupt funktionieren.

Das nur in aller Kürze. Wichtig ist die Freiheit des BTL von Schwefel und hochsiedenden Aromaten, die bei Erdöldiesel zur Partikelbildung beitragen. BTL und das identische GTL sind die Voraussetzung für den "homogenen" Diesel, der nahezu keine Schadstoffe mehr im Abgas hat. Das heißt, beide verbessern den Diesel so, wie das auf andere Weise nicht möglich ist. Die größere Beta- Anlage in Freiberg wird mit Altholzschnitzeln gefahren, doch ist es möglich, die gesamte Palette biologischer Stoffe zu verwenden, vom Stroh bis zu ausgelaugten Rübenschnitzeln. Wenn die Politiker dereinst von ihrem Biowahn abgerückt sind, wäre das Choren- Verfahren ideal dafür geeignet, den Haus- und Gewerbemüll der großen Städte in hochwertigen Dieselkraftstoff zu veredeln. Bodo Wolf hatte einst den Stadtvätern von Dresden den Vorschlag unterbreitet, den Müll von Dresden und Umgebung in der Schwarzen Pumpe bei Spremberg zu verarbeiten. Eine Einigung kam nicht zustande, weil sich im Müll vermutlich zu viele Interessenten Hände vergoldeten, die ihre Pfründe nicht aufgeben wollten. Der Umbau der Schwarzen Pumpe in eine Syntheseanlage wäre vor rund 10 Jahren mit bescheidenem Mitteln möglich gewesen. Heute soll die Anlage stilliegen – und verrotten. So ist das mit der Politik, die alles besser weiß als die Fachleute. (ar/Christian Bartsch- entnommen aus Der Motorjournalist)

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